Ausnahmezustand in El Salvador - Was können wir tun?

19. 04. 2022

Schon lange kann in El Salvador nicht mehr von einer unabhängigen Justiz, einem demokratischen Parlament oder von Pressefreiheit gesprochen werden.

Am letzten Märzwochenende wurden in El Salvador 87 Menschen ermordet. Noch vor Morgengrauen am Sonntag, 27.03., befahl Präsident Nayib Bukele, gleichen Tags den Ausnahmezustand inklusive Aufhebung von Grundrechten zu dekretieren, eine von seiner Parlamentsmehrheit umgehend befolgte Order. Am folgenden Mittwoch verabschiedete das Parlament auf Geheiß Bukeles sieben Gesetzesreformen und einen Bezahlungsmechanismus für „Hinweise“ aus der Bevölkerung. Seither werden immer mehr Menschenrechtsverletzungen bekannt. Personen werden willkürlich verhaftet, inzwischen sollen es offiziellen Quellen zufolge mehr als 11.000 sein.

[...] Schwerbewaffnete Polizisten und Soldaten sind überall präsent und führen Personenkontrollen durch. Ganze Stadtteile wurden abgeriegelt und die Menschen so in ihrer Bewegungsfreiheit behindert" (amerika21).

Zu den Verhafteten gehören seit Samstag, den 9. April um 20.15 Uhr auch unser Freund und Mitarbeiter Arturo, mit vollständigem Namen Arturo Romero Argueta und sein Sohn Will, Edwin Wilfredo Romero Argueta.

Arturo ist 50 Jahre alt und wurde in Morazán geboren, wo er als 8-jähriger Junge von der Befreiungsbewegung der FMLN aufgenommen wurde, nachdem die Sicherheitskräfte der damaligen Diktatur seinen Vater ermordet hatten und die überlebenden Familienmitglieder fliehen mussten. Er wuchs in der Befreiungsbewegung auf, wurde Guerillakämpfer. Seit dem Ende des Bürgerkriegs setzt er – diesmal mit anderen Mitteln – seinen Kampf für ein gerechteres El Salvador fort. In de facto 24-stündiger Bereitschaft half Arturo mit Krankentransporten unzähligen Menschen in schwierigen oder lebensbedrohlichen Situationen. Ihm ist es zu verdanken, dass die von uns per Container nach El Salvador geschafften Rollstühle Kinder und Erwachsene mit Behinderungen erreichten. Als Kriegsinvalide bekommt Arturo eine kleine Rente. Sein Engagement bleibt unbezahlt und unbezahlbar.

Sein 23-jähriger Sohn Wil, in vielen Situationen die rechte Hand seines Vaters, hatte am 14. Dezember einen schweren Motorradunfall. Wil überlebte nur knapp, lag lange im Koma. Immer noch ist sein Zustand sehr instabil, ist er auf tägliche Medikamentierung und 24-stündige Begleitung angewiesen. Seit seiner Gefangennahme ist er ohne Medikamente und über seinen Gesundheitszustand wie auch den von Arturo ist nichts bekannt.Arturo und Will wurden in das Zentralgefängnis von Mariona, Mejicanos, überführt. Hier ist die Situation wie in allen Gefängnissen El Salvadors geprägt von schweren Verstößen gegen die Menschenrechte. Bukele legitimiert all dies mit dem Kampf gegen die mordenden Mara-Banden. Er ließ den Gefangenen die Matratzen nehmen, lässt sie auf dem Betonboden schlafen, hat ihre Essensrationen von drei auf zwei gekürzt, droht ihnen mit vollständigem Essensentzug, erlaubt ihnen nur alle 15 Tage den Wechsel ihrer Unterhose. 

"Die Regierung von Präsident Nayib Bukele setzt wichtige Grundrechte außer Kraft. Dazu gehört das Recht auf einen fairen Prozess, das Recht auf Verteidigung, das Versammlungsrecht und das Kommunikationsgeheimnis. Angesichts der Berichte über den Einsatz von Spyware gegen Journalist:innen und Aktivist:innen ist insbesondere diese Intervention in private Kommunikation eine unmittelbare Bedrohung der Menschenrechte und der Pressefreiheit. Ein Richter, der Verhaftete freilassen wollte, wurde strafversetzt. Richter:innen wird außerdem der Zugang zu einem zentralen Gefangenenregister verweigert" (amerika21).

 

Arturo

Wil

 

 

 

 

 

 

Arturo und sein Sohn Wil. Das Bild von Arturo ist von 2021. Das Bild von Wil ist vor seinem Unfall aus dem Jahr 2018.


Das können wir tun!

Wir sind entsetzt und fühlen uns angesichts der Situation in El Salvador machtlos. Dabei sind wir uns bewusst, dass es viele Menschen und Orte gibt, die Unterstützung brauchen. Die Flüchtlingshilfe Mittelamerika unterstützt in El Salvador das Komitee der Familienangehörigen politischer

Gefangener sowie politisch verfolgte und ins Exil geflohene Menschen, aber auch die Familie Arturos bei ihren Bemühungen mit einem Anwalt seine und die Freilassung seines Sohnes durchzusetzen. Ob es gelingt? Unklar. Doch tatenlos zusehen und sich ergeben darf keine Option sein.

Menschenrechtsarbeit kostet Energie, Mut und Geld. Deshalb erbitten wir Ihre Solidarität und Ihre Spenden.

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Ihre Flüchtlingshilfe Mittelamerika e.V.

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